OpenStack gilt als de-facto-Standard für den Aufbau von Cloud-Lösungen auf Open-Source-Basis und wird in einer Vielzahl von Anwendungsfällen eingesetzt. Allerdings gibt es auch andere Alternativen, die ebenso in Betracht gezogen werden sollten. Einer dieser Alternativen ist Proxmox Virtual Environment (VE), eine flexible und leistungsstarke Open-Source-Virtualisierungslösung. In diesem Artikel erläutern wir die Hauptfunktionen von Proxmox VE, vergleichen diese mit OpenStack und geben Empfehlungen, welche Lösung für unterschiedliche Szenarien am besten geeignet ist.
Was ist Proxmox?
Proxmox VE ist eine Open-Source-Virtualisierungslösung für Cloud-Umgebungen, die auf der aktuellen Debian-Version basiert. Sie bietet eine Vielzahl von Funktionen, darunter:
- Webbasierte Verwaltung (s. Abbildung 1)
- Kombination von Virtualisierung und Containerisierung
- Hohe Verfügbarkeit (HA)
- Backupserver (Snapshots und Backup)
- Mail Gateway-Server
Proxmox VE überzeugt durch zahlreiche Vorteile. Beispielsweise nutzt es einen speziell angepassten Kernel mit ZFS-Unterstützung für Skalierbarkeit, Datensparsamkeit, Snapshots und Datenintegrität. Zudem ist Ceph integriert, was die Stabilität und Ausfallsicherheit weiter verbessert. Die Lösung unterstützt sowohl KVM (Kernel-based Virtual Machine) für Virtualisierung als auch LXC (Linux Containers) für Container. Dies ermöglicht eine ressourcenschonende und flexible Nutzung.
Proxmox VE erlaubt den Betrieb von Clustern mit bis zu 32 Hosts ohne dedizierte Management-Hosts. Dies wird durch Technologien wie CPU-Overcommitment[1] und RAM-Ballooning[2] zur effizienten Ressourcennutzung unterstützt. Die Lösung erfordert eine x86-CPU mit Virtualisierungsfunktionen (AMD-V/VT-x/VIA VT) und grundlegende Debian-Treiberunterstützung.
Proxmox VE stellt eine skalierbare, hochverfügbare und einfach zu verwaltende Lösung dar, die für kleine Unternehmen bis hin zu großen Rechenzentren geeignet ist. Es ist somit eine Komplettlösung aus angepasstem Linux Kernel, dedizierten Services und hilfreichen User Tools (s. Abbildung 2).
Technische Kernfähigkeiten
Proxmox VE kombiniert KVM für Virtualisierung und LXC für Container und bietet auch Unterstützung für hochverfügbaren Storage mit Ceph und ZFS. Es zeichnet sich durch folgende technische Merkmale[3] aus:
- Clustering: Integrierte Hochverfügbarkeitslösungen und verteiltes Speichermanagement
- Virtualisierungsunterstützung: Vollständige Unterstützung für KVM-basierte virtuelle Maschinen mit Echtzeit-Migrationsfähigkeiten
- Containerisierung: Nahtlose Integration von Linux Containers (LXC) für ressourceneffiziente Bereitstellungen
- Web-basierte Verwaltung: Intuitive Weboberfläche für komplexe Infrastrukturaufgaben
- Storage-Optionen: Unterstützung verschiedener Storage-Backends wie Local, ZFS, NFS, iSCSI und Ceph
- VM Livemigration: Migration von virtuellen Maschinen im laufenden Betrieb
- SDN (Software-Defined Network) Funktionalität: ermöglicht die Erstellung von virtuellen Zonen und Netzwerken (VNets). Diese Funktionalität vereinfacht erweiterte Netzwerkkonfigurationen und die Einrichtung von Mandantenfähigkeit
- Weitere Funktionen: ESXi Importer, Local USB+GPU-Passthrough, Spice + noVNC viewer, Advanced CPU Emulation, Cloudinit + Qemu agent, CPU Overcommitment und RAM-Balooning
Der Proxmox VE Software Stack ist umfangreich und beinhaltet unter anderem folgende Komponenten, die in Abbildung 3 dar gestellt sind.
[3] Proxmox VE Dokumentation (https://pve.proxmox.com/)
Proxmox VE bietet zudem umfassende Backup-Technologien, wie den Proxmox-Backupserver, die eine effiziente Sicherung und Wiederherstellung von virtuellen Maschinen (VMs), Containern und Cluster-Daten ermöglichen. Abbildung 4 zeigt einige der wichtigsten Aspekte des Proxmox-Backup-Servers.
Einsatzgebiete für das Proxmox Virtual Environment
Proxmox VE ist eine bewährte Lösung für On-Premises-Cluster und Rechenzentrumsbetrieb. Der Einsatzbereich umfasst den einfach zu verwaltenden Private Cloud-Betrieb bis hin zu Anwendungsfällen, die von einem modularen Ansatz für Virtualisierung profitieren. Mögliche Anwendungsgebiete sind zum Beispiel Cluster mit spezifischen Sicherheitsanforderungen (Identitätsmanagement, Admin-Cluster) und Produktionscluster mit spezifischen Latenzanforderungen.
Weitere Anwendungsgebiete:
- Kleine bis mittelgroße Rechenzentren: Proxmox VE bietet eine kostengünstige Alternative zu Lösungen wie ESXi, mit vergleichbarem Funktionsumfang, insbesondere für Organisationen mit begrenzten Ressourcen.
- Organisationen, die auf offene und transparente Infrastrukturen setzen: Als Open-Source-Technologie wird Proxmox VE kontinuierlich von einer aktiven Community weiterentwickelt. Dies sorgt dafür, dass bei langfristig eingesetzten Systemen die Wartbarkeit gesichert bleibt, da der Quellcode eingesehen werden kann. Für Unternehmen, die professionellen Support benötigen, stehen transparente Subscriptionmodelle zur Verfügung.
- Proxmox VE bietet verschiedene Pakete und zahlreiche LXC-Container-Vorlagen für schnelle Implementierungen, beispielsweise für Netzwerküberwachung.
- Entwicklerteams mit Datenschutzanforderungen: Proxmox VE bietet eine sichere, private Infrastruktur, die vollständige Kontrolle über die Daten ermöglicht, ohne die Notwendigkeit, auf externe Anbieter zurückzugreifen.
- Anwendungsfälle mit isolierten oder airgapped Umgebungen: Proxmox VE eignet sich gut für den Betrieb redundanter Systeme.
- Schnelle Time-to-Market: Proxmox VE ist schnell einsatzbereit, auch auf älterer Hardware, und erfordert keine zusätzlichen Lizenzen oder komplexe Verwaltungslösungen wie vCenter (VMware).
Proxmox und OpenStack im Vergleich
Proxmox VE und OpenStack bieten beide Virtualisierungs- und Storage-Lösungen und sind Community gestützte Open-Source Technologien. Sie teilen sich einige technische Eigenschaften, zum Beispiel die Nutzung von KVM für Virtualisierung und Ceph für Storage.
Für Organisationen, die eine Cloud-Infrastruktur auf Open-Source-Basis bauen oder nutzen wollen, kommen beide Software-Lösungen in Frage. Um die am besten geeignete Technologie auszuwählen, ist es wichtig die Unterschiede zwischen beide Optionen zu kennen. Diese beziehen sich vor allem auf ihre Skalierbarkeit, Komplexität und den erforderlichen Ressourcen.
- Komplexität und Implementierung: Proxmox VE ist insgesamt einfacher und weniger komplex in der Implementierung, was Vorteile für Organisationen mit eingeschränkten Ressourcen bzw. technisches Know-How anbietet. OpenStack hat eine größere Komplexität und braucht deswegen mehr technische Expertise für die Nutzung. Dafür bietet es allerdings mehr Fähigkeiten und ist für größere, ressourcenintensive Umgebungen ausgelegt.
- Skalierbarkeit: Proxmox VE ist effizient skalierbar bis zu 32 Nodes, wobei 3 Nodes für Verwaltung und Storage ausreichen (s. Abbildung 5). OpenStack hingegen erfordert für größere Umgebungen mindestens 3 Nodes für die Verwaltung und zusätzliche Knoten für Rechen- und Storage-Leistung, wobei es bis zu 500 Nodes unterstützen kann.
Proxmox unterstützt eine Skalierung von bis zu 32 Nodes, wobei 3 Nodes für Verwaltung und Storage erforderlich sind. OpenStack hingegen kann bis zu 500 Nodes skalieren, benötigt jedoch mindestens 3 Nodes für die Verwaltung.
- Ressourcenbedarf: Proxmox ist weniger komplex und ressourcenschonender, wodurch es kostengünstiger und einfacher in kleineren Umgebungen zu implementieren ist. OpenStack erfordert mehr Infrastruktur und Ressourcen, was zu einer höheren Komplexität und höheren Betriebskosten führt.
- Architektur: Proxmox bietet eine vollständige Lösung für das Virtualisierungsmanagement, mit KVM für die Virtualisierung und Ceph für den Storage. OpenStack verfolgt eine modulare Architektur mit verschiedenen Komponenten wie KVM und Ceph und ist daher besser für größere und komplexere Umgebungen geeignet.
- Netzwerkmanagement: Proxmox unterstützt Bridged-Netzwerke und VLANs. OpenStack bietet erweiterte Optionen wie virtuelle Netzwerke und Software-Defined Networking (SDN) mit Open vSwitch, was eine größere Flexibilität bei komplexen Netzwerkkonfigurationen ermöglicht.
- Multi-Tenancy: Während Proxmox Multi-Tenancy durch Benutzer- und Rollenkontrollen unterstützt, jedoch nicht im großen Maßstab[4], ist OpenStack speziell für Multi-Tenancy konzipiert und bietet robuste, ausgereifte Funktionen zur Verwaltung mehrerer Nutzer oder Mandanten.
- Lizenzmodelle: Proxmox nutzt die AGPL v3-Lizenz, welche vorschreibt, dass alle Änderungen an der Software der Community zugänglich gemacht werden müssen. OpenStack hingegen verwendet die Apache 2.0-Lizenz, die es erlaubt, Änderungen nicht zwingend der Community zugänglich zu machen, und die Nutzung von lizenziertem Code in proprietären Softwareprojekten ermöglicht.
[4] https://www.oreilly.com/library/view/mastering-proxmox/9781788397605/fd548061-b6f7-4297-a0f3-8d8c2ddf12ba.xhtml